Leaky-Gut-Syndrom – Die Durchlässigkeit der Darmschleimhaut
Der Magen-Darmtrakt stellt die größte Grenzfläche des Menschen zur Außenwelt dar. Ca. 1 Tonne Nährstoffe pro Jahr (Erwachsene) werden durch diesen „Grenzwall“ transportiert. Gleichzeitig stellt die Darmschleimhaut eine effiziente Barriere gegenüber der Aufnahme von unzureichend gespaltenen Nahrungsbestandteilen, bakteriellen Endotoxinen, anorganischen Schadstoffen und Schwermetallen dar. Vielfältige Noxen können zu einem Verlust dieser Barrierefunktion führen, woraus das Risiko eines unkontrollierten Antigeneinstroms in die Lamina propria und letztlich in die Zirkulation erwächst. Ein unkontrollierter Antigeneinstrom triggert nicht nur lokale, sondern auch systemische Immunreaktionen, die bei persistierendem Prozess für die Entstehung ernsthafter Erkrankungen verantwortlich sind.
Der Zellverband der Enterozyten wird erst durch die geringe Durchlässigkeit seiner Schlussleisten zur funktionierenden Barriere. Die Abdichtung durch die Schlussleisten ist allerdings keineswegs so vollständig, wie ihr Name suggeriert, sondern übernimmt spezielle Transportaufgaben. Je nach Verhältnis zwischen parazellulärer zu transzellulärer Permeabilität, werden „Dichtigkeit“ oder „Undichtigheit“ des abgrenzenden Epithels unterschieden.
Leaky-Gut-Syndrom: Ursachen und Folgen
Durch Störfaktoren wie z. B. Stress, Medikamente, Alkohol, Nikotin, Mikroorganismen (z. B. enteropathogene E. coli), bakterielle Toxine (insbesondere Clostridium perfringens-Toxin) und proinflammatorische Zytokine kann die Integrität von Epithelzellen und Tight Junctions jedoch erheblich beeinträchtigt werden: Das Darmepithel wird durchlässig für Allergene, Schadstoffe und Krankheitserreger. Der unkontrollierte Übertritt von Noxen aus dem Darmlumen gipfelt in einer erheblichen Störung der intestinalen Barriere, dem Leaky-Gut-Syndrom. Immunkaskaden werden in Gang gesetzt, die einerseits Sensibilisierungen (z. B. auch gegen Nahrungsbestandteile) mit erhöhter Antikörperbildung nach sich ziehen und andererseits durch Freisetzung von Entzündungsmediatoren zu einer Schädigung der epithelialen Zellstrukturen führen. Persistiert die Entzündung, entsteht ein Teufelskreis.
Die Parameter alpha-1-Antitrypsin und Zonulin im Stuhl sowie LPS im Serum dienen der Beurteilung der Funktion und des Zustandes der intestinalen Mukosa, so dass mit Hilfe dieser Parameter Hinweise auf die hier dargestellten Prozesse erhalten werden können.
Daraus resultieren:
- intestinale Entzündungen
- inadäquate Nährstoffresorption
- Absorption höher molekularer Antigene mit der Folge einer Antikörperbildung
- Bildung zirkulierender Immunkomplexe
- Auslösung autoimmuner Kreuzreaktionen gegenüber köpereigenen Strukturen
- Bildung autoreaktiver T-Zellen
Der Einstrom von Bakterien und bakteriellen Produkten in den Blutkreislauf zieht eine verstärkte Immunaktivierung sowie das Auftreten von systemischen Entzündungsreaktionen nach sich. Als klinische Folgeerscheinungen entstehen vor allem chronische Infektionen, Herz-Kreislaufstörungen, Allergien sowie Autoimmunerkrankungen.