Säure-Basen-Haushalt
Die Behandlung von Störungen im Säure-Basen-Haushalt bei chronischen Erkrankungen ist in der Naturheilkunde fest verankert. Eine bedeutende Rolle spielen dabei die Ernährungsgewohnheiten. Eine basenreiche Kost – die weitgehend einer gesunden Vollwertkost entspricht – ist von übergeordneter Bedeutung. Die praktischen Erfahrungen bei vielen unterschiedlichen Krankheitsbildern bestätigen die Bedeutung der intrazellulären Übersäuerung, und so stehen den naturheilkundlich orientierten Therapeuten bewährte diagnostische und therapeutische Optionen zur Verfügung.
Die Säuren-Basen-Regulation
Die Erhaltung einer ausreichenden Pufferkapazität bzw. ausgeglichenen Säure-Basen-Situation ist einerseits von einer bedarfsgerechten Basenzufuhr und andererseits von einer limitierten Säureproduktion bei ausreichender Eliminierungskapazität abhängig. Es lässt sich rasch erkennen, dass es in unterschiedlichen Bereichen zu Störungen des Gleichgewichtes kommen kann.
Säure-Basen-Situation | Ursachen |
unzureichende Basenzufuhr/übermäßige Säurezufuhr | raffinierte Kohlenhydrate, tierisches Eiweiß, Zucker und Alkohol |
unzureichendes Basenrecycling | unzureichende Leberfunktion und/oder durch einen latenten O2-Mangel |
übermäßige Säureproduktion | schlecht eingestellter Diabetes, Leberfunktionsstörungen, Sauerstoffmangel sowie eine übermäßige intestinale Säureproduktion im Rahmen von Gärungsprozessen, negativ empfundener Stress, körperlicher Stress (unprofessionelles Sport- bzw. Fitnesstraining) |
unzureichende Säureausscheidung | Bewegungsarmut und die daraus resultierende oberflächliche Atmungsintensität führen zu ungenutzter Entsäuerung, eingeschränkte Nierenfunktion |
latenter Basenverlust | chronischen Durchfälle, aufgewucherte Fäulnisflora |
Symptome einer latenten Azidose
Die in der Literatur beschriebenen Beschwerden, die in Verbindung mit einer latenten Übersäuerung genannt werden, entsprechen weitgehend dem heute als chronische Befindlichkeitsstörungen bezeichneten Symptomenkatalog. Aber auch immunologische Störungen wie eine erhöhte Allergiebereitschaft werden mit einer latenten Azidose in Verbindung gebracht. Beachtenswert ist das Phänomen der kompensatorischen Entmineralisierung des Knochens: Da der Organismus bei einer Erschöpfung der Pufferreserven auf basische Mineralsalze zurückgreifen muss, werden diese vermehrt aus dem Knochen mobilisiert, was letztlich eine Osteoporose fördert. Außerdem erhöht eine Gewebsübersäuerung die Schmerzempfindlichkeit bzw. -bereitschaft.
Der als latente Azidose bezeichnete Zustand bezieht sich nicht auf den Blut-pH-Wert, dessen Veränderung bzw. Entgleisung prinzipiell ernsthafte Komplikationen nach sich zieht bzw. sich aus ernsthaften Störungen heraus entwickelt.
Auch endokrine Störungen, die unter ungünstigen Säure-Basen-Verhältnissen entstehen, sind erwähnenswert. Ein wesentlicher Mechanismus hormoneller Störungen durch Azidose ist eine veränderte Bindung der Hormone an ihre Rezeptoren. Besonders betroffen sind in diesem Zusammenhang das Wachstumshormon, die Schilddrüsenfunktion, die Insulinsekretion und -wirkung, das Parathormon sowie die Plasmakatecholamine.
Beobachtete Symptome
- Müdigkeit, Erschöpfung, Antriebsschwäche, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen
- unspezifische Beschwerden oder sog. Befindlichkeitsstörungen
- erhöhte Schmerzbereitschaft an Nerven, Muskeln und Gelenken
- erhöhte Allergiebereitschaft
- entzündliche Reaktionen bzw. erhöhte Infektbereitschaft im Bereich der Schleimhäute sowie der Bindehäute
- Karies
- verminderte Bildung von aktivem Vitamin D3 (1,25(OH)2-Vitamin D3, Calcitriol)
- brüchige Haare und Nägel
- Osteoporose
- Ekzembereitschaft, Juckreiz
- Sodbrennen
- saurer Schweiß
- niedrige Erythropoietin-Response
- Neigung zur Anämie
- Hypokaliämie
- Herzrasen (Tachykardie)
Diagnostik: Der Säure-Basen-Test nach Sander
Die praktische Erfahrung zeigt den hohen Nutzen beispielsweise der Säure-Basen-Titration nach Sander zur Einschätzung der Pufferreserven bei chronisch belasteten Patienten auf. Am Tag der Testdurchführung sammelt der Patient zu festgelegten Uhrzeiten 5 Harnproben: um 6, 9, 12, 15 und 18 Uhr. Die Mahlzeiten sollen jeweils nach der 1., 3. Und 5. Harnprobe eingenommen werden. Im Labor erfolgt neben der Messung der pH-Werte eine Bestimmung der Pufferkapazität in den fünf Urinproben.
Die Säure-Titration nach Sander wird als ein Maß für die Größe des metabolischen Stresses beschrieben, womit die Methode insbesondere für die Verlaufsbeurteilung einer metabolischen Umstellung (Basentherapie) geeignet ist.